Die Geschichte des Lichtenrader Sparvereins „Hinein“
Man schrieb das Jahr 1954. Am heute noch erhaltenen Stammtisch saß im Familienrestaurant Reisel eine traute Runde zusammen. Es wurde geplaudert über den noch gar nicht so lange vergangenen Krieg und man war glücklich über den Frieden. Und so stimmte die Runde ein:
„Als wir nicht mehr heim uns tasten,
durch die dunklen Nächte hasten,
alle Lampen wieder strahlend glühn,
da war Frieden in Berlin.
Als der Funkturm wieder blinkt,
alles Bohnenkaffee trinkt,
jedes Auto bekam Benzin,
da war Frieden in Berlin.“
Einige schlugen vor, man sollte sich regelmäßig, wenigstens einmal im Monat, treffen, sodass immer ein Anlass besteht, einen geselligen Abend zusammen zu verbringen. Die Treffen müssten, so meinten die Anwesenden, in Vereinsform „institutionell“ abgesichert werden. Die Idee sprach sich schnell unter den Gästen im Restaurant herum. Und bei der ersten Sitzung waren bereits 40 Mitglieder dabei.
Zum ersten 1. Vorsitzenden wurde Adalbert Ruprecht gewählt. 50 Pfennig betrug damals der monatliche Vereinsbeitrag. Noch war keine feste monatliche Sparsumme vorgegeben. Als vor Weihnachten das Angesparte zurück gezahlt wurde, konnte von den Zinsen und Beiträgen schon jedes Mitglied eine Portion Eisbein bekommen. Damals kostete es 3,50 DM. Und für jedes Mitglied wurde ein Vers gedichtet.
So wuchs der Verein auch durch den Eintritt neuer Mitglieder. Ein Jahr nach Gründung wurde bereits eine „Eisbeinzeitung“ herausgegeben, mit kleinen Anzeigen von oder über die Mitglieder.
So wurde von einem begehrten jungen Herrn folgende Bitte formuliert:
„Bitte sämtliche jungen Damen, die sich für mich interessieren, davon Abstand zu nehmen. Meine Mutter passt zu sehr auf!“
Oder ein anderer schrieb:
„Ich hole meine Flasche Bier jetzt schon mittags, da ich auf Anordnung meiner Frau um acht Uhr im Bett sein muss.“
Und einer, der sich eher selten ins Wirtshaus „verirrte“, behauptete:
„Ich komme zwar nur manchmal ins Stammlokal, dann bleibe ich aber auch länger.“
Laut mündlicher Überlieferung durfte beim monatlichen Leeren des Sparkastens niemand in den Raum - mit Ausnahme des Vorstands. Nach der Leerung wurde eine Musikbox in den Saal geschoben, der Vorstand machte ein Tänzchen und erst danach durften die Mitglieder in den Saal. Schon damals gab es also eine ziemlich ausgeprägte Hierarchie – und auch heute noch sitzt der Vorstand am oberen Ende des Saals und empfängt seine Mitglieder … z.B. zum Kassieren der Spargelder.
Viel wurde in den vergangenen über 60 Jahren gefeiert und geschwoft. Die erste Faschingsfeier wurde bereits 1956 organisiert. Und die erste Tagesfahrt (incl. Dampferfahrt und Tanztee) ging zum Restaurant Blumeshof nach Gatow.
Das zwanzigjährige Jubiläum wurde 1974 festlich begangen. Über den Vorstand wurde der folgende Reim verfasst:
„Helmut Reisel machte den Vorstand und das war schön;
Manchmal sagte er nur ein paar Worte und dann konnten wir gehn.
Röschen machte Kasse, es stimmte immer, das war klasse.
Fritze Mudrich (seit 1960 Mitglied und fast solange auch Kassenwart)
und Fritze Heyl, die rechneten und schrieben,
und Heinz Schmidt (genannt „Schmidte“ - auch er war zwischenzeitlich Erster Vorsitzender gewesen)
passte auf, dass alle Scheine auf dem Tisch blieben.
„Bei Lebzeiten“, rief Willi Kraatz, „lasst uns tanzen und schunkeln,
alles andere machen wir im Dunkeln.“
In diesem Jahr wurde auch das Strafgeld für das Nichterscheinen bei den Sitzungen eingeführt und der monatliche Beitrag auf 1,50 DM erhöht – prompt traten daraufhin zwei Mitglieder aus …
1976 fand die erste Mehrtagesfahrt des Vereins statt. Es ging nach Norden zur Firma Doornkaat. Zwei Tage nur Doornkaat waren aber selbst für die trinkfestesten Mitglieder zu viel. Auf der Rückfahrt wurde bei einer Fischerei in Neuharlingersiel deshalb „notgedrungen“ sämtlicher Räucherfisch aufgekauft und gleich im Bus verzehrt.
Auch im Jahr 1977 wurde noch die „Eisbeinzeitung“ herausgegeben. Aus ihr noch folgendes kurzes Zitat:
„Vorstand Helmut und Frau Irmchen tüchtig schaffen,er sagt:
sauft nur ordentlich, denn ich muss Geld zusammenraffen“
Auf der Fahrt nach Visselhövede wurde 1979 der Schnapsbembel eingeführt. Der "Bembel" muss seitdem bei jeder Fahrt am Hals hängen. Dieser schöne Usus wird auch heute noch immer angewandt …
Auf der Rückfahrt von Greffen in Westfalen Anfang der achtziger Jhre passierte im DDR-Intershop folgende nette Anekdote: Es wurde dort – weil ja so billig - (natürlich) viel zu reichlich Schnaps eingekauft. Der Bus wurde leider vom Westzoll kontrolliert. Karin Obergfell rette die gesamte Truppe dadurch, dass sie ihrem Manfred „heftigste Vorwürfe“ über den großen Einkauf (von sechs Flaschen 98prozentigem Alkohol zur Schnapsherstellung) machte. Darauf zeigte sich der Zoll gnädig und meinte, Manfred bekäme schon zu Hause genügend "Haue", so dass alle einpacken und ohne „Strafe“ weiterfahren konnten. Glück gehabt!
Im Übrigen: Alljährlich treffen sich die Vereinsmitglieder seit langem zum Brunch bei Cafe Obergfell.
Seit Anbeginn ist das Familienrestaurant von Monika Reisel unsere „Heimstatt“. Hier werden wir von Moni und ihrer Crew zu jeder Sitzung bei gepflegten Speisen mit reichlich Bier, Wein und Wasser und natürlich Korn, Rotem Genever und im Winter besonders mit Zimt-Tequila bestens versorgt.
Die Speise- und Getränkekarte zum Jubiläum 2014:
Seit vielen Jahren lag die Führung unseres Sparvereins in den Händen von Willi Grunow, als erstem Vorsitzenden, der jede Sitzung mit seiner Glocke einläutete und die aktuelle, stets nicht unerhebliche Sparsumme des Monats - was natürlich unsere erste Kassenwartin Heidi Roese und die Kassenprüfer Erika Raue und Ulla Brodehl natürlich besonders freute - bekanntgab. Ein Raunen und Staunen ging dann immer durch die Menge der anwesenden Mitglieder…. Danach begann „der gemütliche Teil des Abends“ - das Beisammensein (manchmal unterbrochen vom Bingo Spiel) bei …
„Schnaps, Bier und Wein“
… aber auch bei Sangrita und natürlich bei Wasser und Saft. So laufen bis Heute unsere Sparvereinssitzungen immer noch ab, sehr oft unter einem Motto, wie Oktoberfest, Weinprobe, Filmabend oder die große Weihnachtsfeier zum Jahresende, an der man sein Erspartes, oder einen Teil davon, auszahlen lassen kann.
Diese Ära von Willi Grunow, als ersten Vorsitzenden und Heidi Roese, als Kassenwartin, ist nun seit dem 7. Januar 2018, den Tag der Jahreshauptversammlung und Vorstandswahlen, vorbei. Heidi verlässt unser schönes Lichtenrade nach über 40 Jahren und kehrt zu Ihrer Familie zurück, um sich auch um Ihre Mutter besser kümmern zu können. In der Antrittsrede unseres neuen ersten Vorsitzenden Dr. Uwe Christians wurde Ihre Leistung mit folgender Rede gewürdigt:
"Alle Mitglieder des Sparvereins bedauern es sehr, dass Du, "Sparschwester" Heidi, nun bald zu Deiner Familie zurückkehren und uns in Richtung der alten niedersächsischen Heimat verlassen wirst. Heidi, Du hast Dich um das Gedeihen unseres Vereinslebens besonders verdient gemacht: Insbesondere, weil Du Dich immer wieder und vor allem bei der Vorbereitung der Weihnachtsfeiern, Tagesfahrten und jährlichen Reisen persönlich engagiert hast. Vor allem warst Du aber stets eine überaus korrekte Schatzmeisterin gewesen. Wir möchten uns bei Dir sehr herzlich für die geleistete Vereinsarbeit bedanken und würden uns freuen, wenn Du bei möglichst vielen unserer monatlichen Sitzungen und Events in der Sparvereins-Heimatgaststätte Reisels dabei sein könntest. Denke daran: Lichtenrade und der Sparverein sind immer eine Reise wert. Wir wünschen Dir für die Zukunft alles erdenklich Gute."
Es wurde ihr zu Ehren unser Trinkspruch mit leicht verändertem Text gesungen:
„Heidi wir danken Dir, für Deine Arbeit hier, wir danken Dir!“
Horst "Hotte" Böhm ließ uns diesen Spruch mehrmals intonieren. Sie wurde unter großer Anteilname verabschiedet und so mancher bekam feuchte Augen. Willi bleibt uns, als nun gewählter zweiter Vorsitzender, erhalten, er möchte mit seinen nun über 80 Jahren etwas „ruhiger treten“, und wird den ersten Vorsitzenden voll unterstützen. Auch hierzu sprach Uwe ein paar Sätze des Dankes für die jahrelange hervorragende Arbeit Willis als erster Vorsitzender der Spargemeinschaft „Hinein“:
„Seit beinahe 15 Jahren führst Du, lieber Willi, in der Nachfolge Deines Vaters und Helmut Reisels, nun schon unseren Verein. Nun möchtest Du die Verantwortung altersbedingt in jüngere Hände geben, wofür wir volles Verständnis aufbringen. Alle Mitglieder bedauern dies allerdings sehr, wissen sie doch genau, was sie an Dir hatten. Wir haben immer sehr bewundert, mit wieviel Engagement, Umsicht und Geduld Du unsere Gemeinschaft geleitet und zusammengehalten hast. Insbesondere ist es unter Deinem Vorsitz vor allem durch Dein geschicktes und nicht nachlassendes Werben immer wieder gelungen, die freigewordenen Fächer an neu eingetretene Mitglieder zu vergeben. Aber ganz auf´s Altenteil willst Du Dich ja gottlob doch nicht begeben. Der neue Vorstand wird Dir deshalb auch sehr dankbar dafür sein, dass Du als „Vize-Präsident“ ihm weiter mit Rat und Tat kräftig zur Seite stehen wirst. Willi, Du hast Dich um unseren Sparverein Hinein verdient gemacht. Dafür danken wir Dir und zollen Dir Hochachtung.“
wird fortgesetzt...
Das Jahr 2022 ist für den Verein ein historisches und ernstes Jahr!
Unser Vereinslokal, das "Familenrestaurant Reisel" macht zum 30. September 2022 für immer die Türen zu!
Die Mitglieder und der Vorstand sind geschockt. Es wird nicht so einfach sein einen gleichwertigen Ersatz zu finden. Wir bitten deshalb unsere Mitglieder und auch unsere regelmäßigen Gäste, den Vorstand bei der Suche zu unterstützen. Für den Rest des Jahres 2022 sind wir erstmal im Ländlichen Reiterverein Lichtenrade im Reiterkasino "Zur Tränke" bei Marianne untergekommen. Wir bangen und hoffen im Jahr 2024 unser 70jähriges Vereinsjubiläum mit den Mitgliedern und Gästen würdig und angemessen feiern zu können.
Verantwortlich für den Inhalt von sparverein-hinein.de: Uwe Christians und Wolfgang Engelmann
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